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dazu dient, den Toten und den Lebenden zu richten, nicht
erhaben? Die Trauerkleidung wird erst acht Tage später in einer
öffentlichen Zusammenkunft angelegt. Während dieser Woche
wird die Familie bei den Kindern und der Witwe bleiben, um
ihnen ihre Angelegenheiten ordnen zu helfen und um sie zu
trösten. Diese Versammlung übt einen großen Einfluß auf die
Gemüter aus, unterdrückt die bösen Leidenschaften durch jenen
menschlichen Respekt, der die Menschen überkommt, wenn sie
einander gegenüberstehen. Am Tage der Traueranlegung endlich
findet ein feierliches Mahl statt, bei dem alle Verwandten sich
Lebewohl sagen. All das geht würdig vor sich, und wer den
Pflichten, die der Tod eines Familienoberhauptes auferlegt, nicht
nachkäme, würde niemanden bei seiner Totenklage haben.« In
diesem Augenblick machte der Arzt, da sie sich beim Kuhstall
befanden, die Türe auf und ließ den Major eintreten, um ihn ihm
zu zeigen.
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»Sehen Sie, Rittmeister, alle unsere Ställe sind nach diesem
Muster ausgebaut worden. Ist er nicht prachtvoll?«
Genestas konnte nicht umhin, diesen weiten Raum zu bewundern,
wo Kühe und Ochsen in zwei Reihen standen, mit dem Schwanze
gegen die Seitenmauern und dem Kopf nach der Mitte des Stalles
hin, in den sie durch ein ziemlich breites Gäßchen hineingingen,
das zwischen ihnen und der Mauer freigelassen worden war. Ihre
durchbrochenen Krippen ließen ihre gehörnten Köpfe und ihre
glänzenden Augen sehen. Der Herr konnte sein Vieh also leicht
überblicken. Das Futter, das im Gebälk untergebracht war, wo
man eine Art Bretterboden angelegt hatte, fiel ohne Verlust und
Mühe in die Raufen.
Zwischen den beiden Krippenreihen befand sich ein großer
gepflasterter, sauberer und durch Zugluft gelüfteter Raum.
»Zur Winterzeit«, fuhr Benassis fort, mit Genestas in der Mitte
des Stalles auf und ab gehend, »finden hier die Spinnabende und
die Arbeiten gemeinsam statt. Man stellt Tische auf und
jedermann wärmt sich auf diese Art wohlfeil. Die Schafställe sind
gleichfalls nach diesem System gebaut worden. Sie können sich
nicht denken, wie leicht die Tiere sich an Ordnung gewöhnen; ich
habe sie häufig bewundert, wenn sie hereinkommen: jedes von
ihnen kennt seinen Platz und läßt das, welches zuerst hineingehen
muß, auch als erstes hinein. Sehen Sie, es ist genug Platz
zwischen dem Tier und der Mauer da, daß man es melken und
säubern kann; außerdem senkt sich der Boden leicht, so daß er das
Wasser schnell abfließen läßt.«
»Nach diesem Stalle kann man auf alles übrige schließen,« sagte
Genestas; »ohne Ihnen schmeicheln zu wollen, das sind schöne
Resultate !«
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»Die nicht mühelos erzielt worden sind,« antwortete Benassis,
»aber was für Tiere sind das auch!«
»Wahrlich, sie sind prächtig, und Sie haben alle Ursache, sie mir
zu rühmen!« antwortete Genestas.
»Jetzt«, fuhr der Arzt fort, als man zu Pferde saß und das Portal
hinter sich hatte, »wollen wir unsere neuen urbar gemachten
Felder und die Getreideschläge durchqueren, jenen kleinen
Winkel meiner Gemeinde, den ich die Beauce genannt habe.«
Etwa eine Stunde lang ritten die beiden Reiter durch Felder, über
deren schöne Kultur der Offizier dem Arzte Komplimente machte;
dann erreichten sie, dem Berge folgend, bald plaudernd, bald
schweigend, je nachdem die Gangart der Pferde ihnen zu sprechen
erlaubte oder sie zum Schweigen verurteilte, wieder das Gebiet
des Fleckens.
»Gestern hab' ich Ihnen versprochen,« sagte Benassis zu
Genestas, als sie in eine kleine Schlucht einritten, aus welcher die
beiden Reiter in das große Tal herauskamen, »Ihnen einen der
beiden Soldaten zu zeigen, die nach Napoleons Sturz von der
Armee zurückgekommen sind. Wenn ich mich nicht täusche,
werden wir ihn einige Schritte von hier finden, wo er eine Art
natürlichen Beckens, worin sich die Gebirgsgewässer sammeln
und das angeschwemmte Stein- und Erdmassen angefüllt haben,
wieder ausgräbt. Um Ihnen diesen Mann aber interessant zu
machen, muß ich Ihnen sein Leben erzählen ... Er heißt Gondrin
und ist bei der großen Aushebung von 1792 im Alter von achtzehn
Jahren eingezogen worden und zur Artillerie gekommen. Als
einfacher Soldat hat er die italienischen Feldzüge unter Napoleon
mitgemacht, ist ihm nach Aegypten gefolgt und nach dem Frieden
von Amiens aus dem Orient zurückgekehrt. Dann, unter dem
Kaiserreiche, ist er beim Brückentrain der Garde eingereiht
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worden und hat ständig in Deutschland gedient. Zuletzt ist der
arme Arbeiter nach Rußland gegangen.«
»Da sind wir in gewisser Beziehung Brüder,« sagte Genestas, »ich
habe die gleichen Feldzüge mitgemacht. Man hat einen stählernen
Körper haben müssen, um den Launen so vieler verschiedenen
Klimate zu widerstehen! Der liebe Gott hat denen, die noch auf
ihren Beinen stehen, nachdem sie Italien, Aegypten, Deutschland,
Portugal und Rußland durchquert haben, meiner Treu, ein
Erfinderpatent für Lebenskunst geschenkt!«
»Auch werden Sie ein gutes Stück von einem Menschen sehen,«
erwiderte Benassis; »Sie kennen ja die wilde Flucht, es erübrigt
sich, Ihnen davon zu erzählen. Mein Mann ist also einer der
Brückenbauer der Beresina gewesen; er hat mitgeholfen am Bau
der Brücken, über die das Heer gegangen ist, und um ihre ersten
Stützen zu befestigen, hat er bis an die Brust im Wasser
gestanden. Der General Éblé, unter dessen Befehl die Pontoniere
standen, hat unter ihnen nur zweiundvierzig gefunden, die, wie
Gondrin sagt, haarig genug waren, um dies Werk zu unternehmen.
Auch hat der General sich selber ins Wasser gestellt, sie ermutigt,
getröstet und jedem von ihnen tausend Franken Pension und das
Kreuz der Ehrenlegion versprochen. Dem ersten Manne, der in die
Beresina gegangen, ist das Bein von einer großen Eisscholle [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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